Wo der Kakao wächst

Die Côte d’Ivoire ist weltgrößter Kakaoproduzent – Grund genug, um sich anzusehen, wie der wertvolle Rohstoff dort angebaut wird. Unterwegs bei Cacao-Trace-Partnern bekommt die CdC-Reisegruppe Einblicke in ein Kakaoland, über das häufig geschrieben und gesprochen wird.

Exkursion: „Gruppenausflug zu wissenschaftlichen oder Bildungszwecken“, steht im Duden. Der Bildung diente die CdC-Reise zum Ursprung in der Tat: Es war eine Erfahrung zum Anfassen, Hinsehen, Riechen, Schmecken. In Côte d’Ivoire, dort wo fast die Hälfte des weltweit verarbeiteten Kakaos  wächst, erlebten die 22 Teilnehmende der Reisegruppe, was es bedeutet, abseits unbefestigter Straßen zu leben und bei 30 °C, die sich aufgrund der sehr hohen Luftfeuchtigkeit wie 36 °C anfühlen, zu arbeiten. Der Kakao liebt das subtropische Klima im Südwesten des Landes, der Europäer kommt dort schnell an seine Grenzen. Genau aus diesem Grund erinnerte Sylvestre Awono, Group Cocoa Manager bei Puratos und verantwortlich für das Cacao-Trace Programm, die Gruppe beständig: „Drink! Drink! Drink!“ 

Awono hat mit seinem Team vor Ort die CdC-Reise zum Ursprung begleitet und organisiert. Ihm und Cacao-Trace haben es die Teilnehmenden zu verdanken, dass sie in den Dörfern mit Tanz und Gesang, mit Kolanuss und Palmwein begrüßt wurden, dass sie alles sehen und hautnah erleben durften, dass es sich sehr authentisch anfühlte, dort unterwegs zu sein.  

Ernterückgang von 30–35 Prozent wird prognostiziert
Man hört einiges von der Côte d’Ivoire. Schlagwörter wie Konsumkakao, Monokultur, Armut und Kinderarbeit machen immer wieder die Runde. Dem für Deutschland wichtigsten afrikanischen Rohkakaolieferant eilt nicht der beste Ruf voraus. Vorwiegend Kakaobäume der Sorte Forastero wachsen dort. Man erkennt sie an ihrem rötlichen Blätterdach. „Seit den 1960er-Jahren hat sich die Produktionsmenge hier verfünffacht, die Nachfrage nach Konsumkakao ist beständig gestiegen. In Côte d’Ivoire gibt es keine industriellen Kakaofarmen, die Felder gehören Kleinbauern, die sie bewirtschaften. Vor ein paar Jahren war jede Farm 5-6 Hektar groß, doch da die Bauern ihr Land unter ihren Söhnen aufteilen, hat der Einzelne immer weniger Fläche, um seine Familie zu ernähren“, erklärt Awono. Von den rund 31 Millionen Einwohnern der Elfenbeinküste sind etwa 1 Million Kakaobauern, was bedeutet, dass dort etwa 7 Millionen Menschen vom Kakao leben. 

Es ist ein buntes Grüppchen auf Exkursion: Chocolatiers, Konditoren, Fachhändler*Innen, Mitarbeiter*Innen des Schokoladenmuseums und natürlich die Teams von Puratos und CdC. Im Zentrum steht Cacao-Trace, das Sustainability-Programm des belgischen Unternehmens Puratos. Rund 40 Prozent der verkauften Kuvertüren von Belcolade, der Schokoladenmarke von Puratos, sind Cacao-Trace zertifiziert. Dieses Programm möchten wir kennenlernen, doch was wir sehen und lernen geht weit darüber hinaus. 

Wir sehen rote Erde, Kakaobäume und -früchte, Ölpalmen mit ihren Früchten, Ananas- und Kautschukbäume. Was wir nicht sehen, ist Urwald, in dem Kakaobäume in Mischkultur mit anderen Bäumen wachsen. Wir sehen viele Kakaobäume, und wir erfahren, dass aufgrund des Klimawandels und Krankheiten ein Ernterückgang von 30–35 Prozent prognostiziert wird. Schon im Jahr 2023 lag die Ernte in der Elfenbeinküste um rund 30 Prozent unter der des Vorjahres. Wir wissen, dass der Kakaopreis seit Jahresbeginn stark gestiegen ist, und wir erfahren, dass die Bauern ihre Ernte verkauft haben, als der Preis noch niedrig war und somit aktuell noch nicht von den hohen Kakaopreisen profitieren. Wir sehen fröhliche, neugierige Kinder. Sehr viele Kinder. Und wir erfahren, dass das Durchschnittsalter in Côte d’Ivoire bei 18,9 Jahren liegt. Wir besuchen Dörfer, in denen uns die Frauen mit Gesang und Tanz begrüßen und die Männer traditionsgemäß Kolanuss und eine scharfe Gewürzmischung mit uns teilen. Auch Palmwein bieten sie an.

Fast Dreiviertel des Einkommens bringt der Kakao
Rund 70 Prozent ihres Einkommens erzielen die Bauern im Dorf Nero Brousse mit Kakaobohnen, die restlichen 30 Prozent steuert Kautschuk bei. Alles grenzt aneinander: Kautschukfelder, Kakaoplantagen und Ölpalmen. Im Mai hängen nur wenige Kakaofrüchte an den Bäumen, Haupterntezeit ist im Herbst. Doch nahe des Dorfs Dotou sind gerade Kakaofrüchte reif. Das Land gehört Samba Uwma, der mit seinen beiden Frauen und sechs Kindern in Dotou lebt. Drei der Kinder gehen bereits zur Schule. „Monsieur Uwma hätte schon mit der Ernte beginnen können, doch er hat damit auf uns gewartet. Jetzt müssen wir ihm helfen“, fordert Awono uns zur Mitarbeit auf. 1,75 Hektar groß ist die Farm, die Uwma zusammen mit seinem Bruder betreibt. Vor 17 Jahren, 2007, hat er Kakaobohnen in die Erde gesetzt, es dauerte sechs Jahre, bis er zum ersten Mal ernten konnte. Zusätzlich zu seiner Farm betreibt er einen Shop für landwirtschaftlichen Bedarf. 

„An gelben oder orangefarbenen Flecken erkennt man, dass die Früchte reif sind. Wichtig ist, den Schnitt nah an der Frucht zu setzen. Schneidet man direkt am Stamm, setzt der Baum dort keine Blüten an.“ Mit diesen Worten werden wir ins Feld geschickt. Ins Auge fallen die ebenfalls an den Bäumen hängenden schwarzen, verrotteten Früchte: Aktuell kämpfen die Bauern gegen die Erkrankungen, die zu dem deutlichen Ernterückgang geführt haben und weiter führen. 

Schnell füllen sich die Schüsseln mit Kakaofrüchten. Niedrig hängende werden mit Scheren geerntet, die hoch am Baum mit an langen Holzstangen befestigten Sichelmessern. Mit einem kräftigen Ruck erfolgt der Schnitt. Nach der Ernte müssen die Kakaobohnen herausgelöst werden. Geöffnet werden die Früchte mit kräftigen Schlägen mit einem Holzstab. Es dauert, bis die Arbeit erledigt ist, doch an ein Aufhören ist nicht zu denken. Innerhalb von 6 Stunden müssen die frisch ausgelösten Bohnen im Post Harvest Center des Cacao-Trace Programms angeliefert werden, damit sie dort kontrolliert fermentieren.

Am Abend, beim Dinner, bekommt jeder von Awono seinen Lohn ausgezahlt: 500 ivorische Francs – umgerechnet rund 76 Cent. Es ist eine unerwartete Geste. „It‘s only about being conscious“, erklärt er. Für diesen Tagessold bekommt ein Tourist an der Strandbar ein halbes Bier. Mehr nicht. Die Rechnung ist leicht: Der Farmgate-Preis lag Anfang Mai bei 1000 Francs/kg. Geerntet wurden 60 Kilogramm Bohnen x 1000 = 60.000 Francs, also etwa 90 Euro. Da sich der Farmgate-Preis auf fermentierte, getrocknete Bohnen bezieht, verringert sich das Gewicht auf ungefährt ein Drittel, ergibt 30 Euro. Als Erntehelfer bekommt man in der Regel ein Drittel davon, das sind 10 Euro. 10 Euro für eine Gruppe von 20 Personen ergibt etwa 50 Cent/Person – die 500 ivorischen Francs waren aufgerundet. In der Elfenbeinküste erhalten lediglich 7 Prozent der Bauern ein Einkommen, das dem Living-Income entspricht, das der restlichen 93 Prozent liegt darunter. „Die Folgen dieser Armut sind Abholzung, Kinderarbeit, Mainstream-Kakao“, sagt Awono: „Wenn der Bauer sich keine erwachsenen Arbeiter leisten kann, beschäftigt er Kinder, die ihm helfen.“

Prämie für eine gute Kakaoqualität
In dem Ende 2014 gebauten Post Harvest Center der Kooperative Saint Paul stehen 60 Fermentationsboxen von denen jede 350 Kilogramm Kakaobohnen fasst. Mittlerweile betreibt Puratos in Côte d’Ivoire zehn Post Harvest Center. Stets werden die angelieferten Bohnen gewogen und geprüft. Denn nur für eine hohe Qualität gibt es die Cacao-Trace Qualitätsprämie. Am Eingang des Nacherntezentrums steht auf einem großen Schild, was Cacao-Trace für die frischen Kakaobohnen bezahlt. Alle können diesen Preis sehen: der Bauer, der Tourist, die Besucher, die Vorbeifahrende. Als die Gruppe das Nacherntezentrum besucht, fermentieren die geernteten Kakaobohnen bereits in einer großen Kiste, sorgfältig abgedeckt mit Bananenblättern und Säcken. Die Blätter verhindern die Oxidation und steuern Hefepilze bei, die sich beim Kontakt mit dem Kakaofruchtfleisch vermehren: Die alkoholische anaerobe Fermentation beginnt. In der zweiten Stufe der Fermentation kommen Milchsäurebakterien zum Einsatz. Sie benötigen Sauerstoff. Eine gute Fermentation, unerlässlich für Qualitätsprämie und Schokoladenbonus, erfordert Know-how und Aufmerksamkeit. Um schmecken zu können, welche Aromen der verarbeitete Kakao entwickelt, gibt es nach drei Tagen intensivem Kakaoerleben Schokolade zum Verkosten. Doch sie toleriert die Temperaturen nicht und schmilzt förmlich dahin. Alle Teilnehmenden haben es auf der Exkursion erlebt: Es sind extreme Bedingungen, die nicht nur den Menschen an seine Grenzen bringen. 


Cacao-Trace
Seit 2015 gibt es das Cacao-Trace Programm von Puratos in
Côte d’Ivoire (puratos.de/de/products/belcolade-selection-
cacao-trace). Es unterstützt die Farmer durch die Qualitäts-
prämie sowie den Schokoladenbonus von 10 Cent, den jeder Chocolatier für 1 Kilogramm Kuvertüre zusätzlich bezahlt. Von diesen 10 Cent werden Projekte wie Schulen, Kranken- und
Entbindungszentren sowie Wassertürme finanziert – beispielsweise wurden zwischen 2019 und 2023 insgesamt 25 solar-
betriebene Wassertürme in den kooperierenden Dörfern der
Elfenbeinküste errichtet. 2023 wurden mehr als 1,4 Mio. Euro Schokoladenbonus in Projekte in der Elfenbeinküste investiert – weltweit waren es 2,4 Mio Euro in acht Ländern. In Côte d‘Ivoire nehmen laut Jahresbericht 2023 von Puratos 17 Kooperativen mit 12.627 Farmern, davon 1.104 Farmerinnen, an dem Cacao-
Trace Programm teil. Sie bewirtschaften Farmen mit einer durchschnittlichen Größe von 2,95 Hektar. Die Rückverfolg-
barkeit bis zur Farm beträgt 100 Prozent. 

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